Wie häufig ist Autismus?
Autismus ist eine Diagnose, die in den vergangenen Jahren zunehmend häufiger gestellt wird. Wissenschaftler gehen davon aus, dass etwa 1 % der Bevölkerung im Autismus-Spektrum leben. Dies bedeutet, dass in Deutschland mehrere hunderttausend Menschen und EU-weit rund fünf Millionen Menschen unmittelbar betroffen sind. Manche Experten nehmen höhere Zahlen an. Konkrete Zahlen für Deutschland liegen nach Angaben des Bundesverbandes „Autismus Deutschland“ und dem Umwelt-Bundesamtes jedoch nicht vor.
Dies liegt auch an der großen Diversität innerhalb der Autismus-Spektrum-Störung. Denn die Frage lautet: Wie weit kann das Spektrum gefasst werden? Gerade beim Asperger-Syndrom können die Übergänge zur neurotypischen „Normalität“ fließend sein, so dass trotz standardisierter Diagnoseverfahren und eindeutiger Klassifikationen eine klare Abgrenzung nicht immer möglich ist.
Der Anstieg der Diagnosen ist nach Ansicht von Experten aber vermutlich nicht in einer Zunahme der Erkrankungen begründet, sondern eher in einem zunehmenden Wissen über Autismus in Fachkreisen und der gesamten Gesellschaft sowie einer höheren Aufmerksamkeit von Ärzten. Gestiegen ist auch das Wissen darum, dass bei einer entsprechenden – und möglichst frühzeitigen – Diagnose heute viel Unterstützung und Hilfe für Autisten und ihre Familien möglich ist.
Sind mehr Jungen als Mädchen betroffen?
Nach aktuellem Stand sind Jungen und Männer häufiger von Autismus betroffen als Mädchen und Frauen. Frühere Angaben von einem Verhältnis von 8:1 zu Lasten der Jungen gelten heute als zu hoch gegriffen; neue Schätzungen gehen von einem Verhältnis autistischer Jungen zu Mädchen von 3:1 aus.
Die Dunkelziffer ist vor allem bei Mädchen sehr hoch, weil sie in ihrem Verhalten oft ruhiger sind und weniger „auffällig“ wirken. So werden ihre Schwierigkeiten häufig nicht oder erst später erkannt. Nicht selten erhalten sie ihre Diagnose – und damit eine entsprechende Unterstützung – deshalb erst als Jugendliche oder als erwachsene Frau. Aus diesem Grund fordert z. B. der britische Autismus-Verband, dass es spezielle Diagnosetests für Mädchen und Frauen geben sollte.